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Brüssel im Rückwärtsgang

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Der DRV befürchtet einen Flickenteppich an uneinheitlichen Standards und Rahmenbedingungen in Europa. Die besondere Struktur von Agrargenossenschaften müsse berücksichtigt werden. Laut BÖLW entzieht sich die Kommission ihrer Verantwortung für den Ernährungssektor.

Der Deutsche Raiffeisenverband (DRV) sieht die Europäische Kommission im Rückwärtsgang. Die Vorschläge für die Gemeinsame Agrarpolitik (GAP) ab 2028 stellten einen "fatalen Rückschritt hin zur Renationalisierung der Agrarpolitik", erklärte der Spitzenverband am Donnerstag (17.7.) in Berlin. Es drohe ein "Flickenteppich an uneinheitlichen Standards und Rahmenbedingungen". "Mit ihren aktuellen Plänen läuft die EU-Kommission Gefahr, das Europäische Haus massiv zu beschädigen, dessen Fundament von Anfang an eine gemeinsame Agrarpolitik war", warnte DRV-Präsident Franz-Josef Holzenkamp. Damit schwäch die Brüsseler Administration in maximal herausfordernden Zeiten die systemrelevante Land- und Ernährungswirtschaft in Europa und deren Wettbewerbsfähigkeit. Die Vorschläge seien "ein falsches Signal zur falschen Zeit" Holzenkamp fordert mit Nachdruck, an einem eigenständigen Budget festzuhalten: "Wie sonst soll es zu mehr Planungssicherheit für die Betriebe und Unternehmen kommen?"

Mit Sorge sieht Holzenkamp die angekündigten finanziellen Kürzungen: "Es droht ein finanzpolitischer Kahlschlag." Erschwerend komme hinzu, dass erneut diskutiert werde, die Direktzahlungen "radikal zu deckeln." Die besondere Struktur von Agrargenossenschaften müsse berücksichtigt werden. Zukunftsfähige Betriebe zeichneten sich dadurch aus, dass sie zusammenarbeiten. "Wenn Landwirte diesen Weg gehen und sich zu Mehrfamilienbetrieben zusammenschließen wollen, dürfen sie finanziell nicht benachteiligt werden", argumentiert der Raiffeisenpräsident. Bei Agrargenossenschaften seien die Kriterien für Direktzahlungen daher auf das einzelne Mitglied abzustellen. Holzenkamp: "Hinter den Agrargenossenschaften stehen keine anonymen Investoren, sondern Menschen, die Landwirtschaft mit Leidenschaft betreiben."

Farm-to-Fork-Strategie ist out

Mit harscher Kritik reagierte auch der Bund Ökologische Lebensmittelwirtschaft (BÖLW) auf die Verlautbarungen aus Brüssel. "Mit der neuen GAP gibt die EU-Kommission ihre Verantwortung für den Ernährungssektor auf", erklärte die Vorstandsvorsitzende des Bio-Spitzenverbandes, Tina Andres. Noch in seiner Vision habe Agrarkommissar Christophe Hansen einkommenswirksame Anreize für Agrarumweltleistungen angekündigt. Im stark geschrumpften neuen GAP-Haushalt drohe dieses Versprechen jedoch zwischen pauschalen Flächenprämien und nötigen Mitteln für Junglandwirte unterzugehen. "Statt der Klimakrise durch eine resiliente Landwirtschaft vorzubeugen, streckt Hansen der Gefahr seine ‚Crisis Bazooka‘ entgegen, ein 6,3-Mrd.-Euro-Topf", kritisierte Andres. Sie beklagte, dass die Farm-to-Fork-Strategie keine Rolle mehr spiele. Der einzige Weg, um fruchtbare Böden und gute Ernten auch für künftige Generationen zu sichern, sei eine vielfältige Landwirtschaft. Der Ökolandbau schaffe es, dem wachsenden Schädlingsdruck und Trockenheit mit innovativer Vielfalt standzuhalten, "ohne chemisch-synthetische Pestizide und gewässerschädigender Überdüngung." "Europas Bürgerinnen und Bürger sollen künftig für eine Ernährungspolitik zahlen, die zu weniger statt mehr Ernährungssicherheit führt", so die BÖLW-Vorsitzende.

Kritik an den Kommissionsvorschlägen kam ebenfalls vom Deutschen Weinbauverband (DWV). "Die vorgeschlagenen Kürzungen im Agrarhaushalt, die Risiken, die in einem einheitlichen Fonds stecken und die mögliche zunehmende Renationalisierung könnten die Wettbewerbsfähigkeit unserer Weinbaubetriebe im weltweiten, aber auch im europäischen Vergleich gefährden" befürchtet DWV-Präsident Klaus Schneider. Gefordert sei ein klares politisches Bekenntnis zur GAP als Stabilisator und Förderer nachhaltiger Entwicklung im ländlichen Raum. Gleichzeitig verwies der Weinbaupräsident auf die Chancen, die in einem zielgerichteten und gut ausgestalteten Anreizsystem für Biodiversitätsleistungen liegen. Als Beispiel nannte Schneider den DWV-Vorschlag zur "Rotationsbrache im Weinbau": "Mit der weinbaulichen Rotationsbrache legen wir eine praktikable, biodiversitätsfördernde Maßnahme vor, die praxistauglich ist und ökologische wie wirtschaftliche Ziele vereint." Diese Maßnahme müsse Eingang in die förderfähigen Maßnahmen finden. Er rief die Kommission auf, solche sektorenspezifischen Initiativen zu ermöglichen." AgE

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